Donnerstag, 31. August 2017

Opas Kiste

Mit dem Umzug meiner Großeltern in eine Pflegeeinrichtung war natürlich auch die Auflösung des Haushaltes verbunden.
Viel Arbeit und Stress für alle Beteiligten.

Im Zuge dessen, erbte ich Opas alte Werkzeugkiste. Inklusive Inhalt.

Vom Inhalt war nicht wirklich viel zu gebrauchen. Die Wasserwaage, ein Hammer, ein paar Schraubenzieher und ein wenig mehr. Das Meiste aber waren alte Schrauben, Nägel und Krams. Nichts, was noch verwendbar wäre.

Und dann war da die Kiste selbst.

Ich bin gerade dabei mich mehr mit Holz und dessen Bearbeitung zu befassen und da kam die Kiste gerade recht, um die neu erworbenen Werkzeug unterzubringen.
Für mehr Informationen über Holzbearbeitung und Tischlerei empfehle ich Paul Sellers' Youtube Kanal.

Die Kiste ist uralt, vielfältig benutzt und immer mal wieder umgebaut worden.
Aber erstmal eine Bestandsaufnahme.

Von außen war die Kiste mit einer Holzfurnierfolie beklebt. Das hat Opa gemacht, soweit kann ich 
mich daran noch erinnern. Allerdings weiß ich nicht mehr, wann das war.



Nach Entfernung der Folie ergibt sich ein Bild der Historie der Kiste.
Innen sieht man die Gebrauchsspuren von Jahrzehnten und jede Menge Dreck.



Es gab mal ein Schloss an der Kiste, das fehlt aber schon lange.


Die Scharniere sind auch nicht mehr die Besten und die Befestigung ist inzwischen recht ausgebrochen.


Der Deckel hat einen Riss im Holz und eine Beschriftung, dazu mehr unten.


Im Einlegeboden ist mal irgendwas ausgelaufen.
Außerdem ist dieser erst später dazugekommen. Das Holz ist anders, und auch die Bauart.



Die Kiste von außen.
In eine Seitenwand wurde zwischendurch mal ein Durchbruch eingefügt. Wahrscheinlich für zu langes Werkzeug. Später wurde dieser dann wieder mit einer Leiste verschlossen.

Die Kiste selbst ist mit Schwalbenschwanzverzahnung gebaut. Handgeschnitten und teilweise nicht ganz präzise. Aber auf jeden Fall mit Können.






Der Deckel wurde teilweise als Werkbank benutzt, entsprechend gezeichnet ist er.



Auf der Rückseite des Deckels ist die Leiste ausgebrochen. Vermutlich durch Überlastung.


Die Fangleine des Deckels wurde auch nachträglich eingebaut.


An der Ecke fehlt ein Stück Holz.


Der Riss im Deckel ist von außen deutlich sichtbar.


Die Aufnahme für das Schloss scheint auch gut gelitten zu haben.



Die Aufnahme für die Fangleine ist einigermaßen improvisiert. Die Fangleine, wie auch die Hebeschlaufen für den Einsatz sind aus einer Art Lederriemen gefertigt. Allerdings schon ziemlich runter.


Die Scharniere sind teilweise ausgebrochen.



Im Deckel gibt es eine alte Aufschrift, wem die Kiste mal gehört hat. Laut Opa hat er sie von einem Handwerker bekommen. Vermutlich der Herr Hirschberg.


Die Schlaufe um den Deckel zu schließen, ist aus dem gleichen Lederriemen.


Die ausgebrochene Leiste im Deckel von innen. Und man sieht auch, warum das ausgebrochen ist.


Der Ausschnitt in der Seitenwand von innen betrachtet.


Und die andere Seite mit der Fangleine.
Der vorhandene Dreck lässt sich nur erahnen.


Auf der Unterseite waren etliche Rutschfüße eingeschlagen. Die Verteilung ist etwas merkwürdig.


Die Kiste sollte restauriert werden und dabei so viel wie möglich Originalsubstanz erhalten bleiben. Gleichzeitig war das die Gelegenheit, dass ich mal ausprobieren konnte, wie man mit Holzöl die Oberfläche behandelt. Bisher noch nie gemacht.

Zunächst aber war der Dreck runterzuschleifen. Innen und Außen.
Selbst mit 80er Schleifpapier keine angenehme Sache. Danach noch mit 200er den Feinschliff für die Oberfläche. Und nach jedem Ölen nochmal.

Danach sah die Kiste dann so aus. Sehr schön, wie das Holz durchkommt und wirkt.



Die meisten der alten Schrauben habe ich durch neue ersetzt. So richtig gehalten haben die nicht unbedingt und auch sonst waren die reichlich mitgenommen.
Die Scharniere konnten nach etwas geradebiegen wieder verwendet werden.
Interessant ist der Aufbau der Scharniere. Es sind Teilstücke aus Klavierband mit gebogenen Nägeln als Bolzen. Kreativ, aber auch mit Schwachstellen.
Offensichtlich, wie auch der Rest ein Zeichen von Materialmangel.





Die Leiste im Deckel habe ich mit Leim wieder fixiert. Das sollte jetzt halten.



Ich habe die Aufschrift erhalten. Spricht für die Historie der Kiste und hat etwas.

Die grundsätzliche Anordnung der Bänder ist sinnvoll. So habe ich diese durch neues Material in Form von Gurten ersetzt. Reste von verkürzten Spanngurten.




Die Hebeschlaufen hab ich nur getackert. Das gab es früher nicht, macht sich aber einfacher, als Schrauben.


Die Griffe mussten noch abgebeizt und neu lackiert werden. Der alte Lack war reichlich hartnäckig.
Mit neuen Schrauben sieht das dann schick aus.




Und komplett.


Auch die Schlaufe zum Schließen gibt es wieder.
Da die neuen Schrauben in den Scharnieren etwas rausstehen, bildet sich ein kleiner Spalt zwischen Deckel und Korpus. Daher zwei Auflagen aus Filz, eigentlich Filzgleiter, damit das ordentlich schließt und die Scharniere entlastet werden.



Unten noch ein paar der Füße dran. Nicht so viele, wie es mal waren. Das ist auch unnötig.


Mein erstes Restaurationsprojekt und tatsächlich etwas, das sehr viel Spaß macht. Man lernt die Geschichte des Objekts kennen, nur durch Beobachtung und die Arbeit damit.
Und es ist wirklich schön, am Ende eine gut aussehende Kiste mit Historie zu haben, die hoffentlich noch lange genutzt wird.
Als nächstes wird es wohl noch einige Einsätze für das Werkzeug geben. Dazu dann wenn es soweit ist.

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